Alltag im Leben eines Fahrdienstleiters
Abenteuer Schweizer Panoramazüge
Solltet Ihr mal die wunderbare Kulisse von Zweisimmen nach Montreux geniessen, dann denkt bitte daran, dass wir als Fahrdienstleiter immer unser Möglichstes tun, um Euch pünktlich von A nach B zu bringen. Eine Reise mit dem Goldenpass wird jedoch erst spannend, wenn es stürmt und schneit. Dann ist Euch ein kleines Abenteuer garantiert.
Die Züge verkehren von der mediterranen Riviera durchs Waadtländer Hinterland ins Berner Oberland und natürlich auch umgekehrt.
Als Fahrdienstleiter am Betriebszentrum der MOB in Zweisimmen regle und überwache ich den Zugsverkehr zwischen Zweisimmen und der Lenk im Simmental einerseits und zwischen Zweisimmen und Montbovon andererseits.
Ausserdem koordiniere ich Baustellen entland der Bahnlinie, ordne Extrazüge an und disponiere den Bahnverkehr.
Meine Arbeitskollegen und -kolleginnen vom Betriebszentrum in Montreux geben ihr Bestes auf dem Abschnitt zwischen Montreux und Montbovon.
Wenn alles normal läuft, schiebe ich als Fahrdienstleiter in Zweisimmen eine ruhige Kugel.
Das heisst die Züge verkehren fahrplanmässig, die Kreuzungen finden an den programmierten Kreuzungsstationen statt, das Wetter ist schön und Ihr kommt püunktlich zu Mutti. Friede, Freude, Eierkuchen auf allen Ebenen.
Vergesst jedoch nicht, die MOB ist eine Gebiergsbahn. Die Temperaturunterschiede entlang der Strecke sind zum Teil enorm. Von minus 10 bis plus 15 Grad an ein und demselben Tag. Der Verschleiss an Material ist gross.
Stürme, Gewitter und Schnee können den Fahrplan gehörig durcheinanderwirbeln. Es vergeht daher kaum ein Tag an dem alles reibungslos läuft.
Meistens sind es Kleinigkeiten, welche von Euch im Zug kaum wahrgenommen werden. Zu sehr seid Ihr gebannt von der fantastischen Aussicht.
Erst wenn der Zug für längere Zeit irgendwo in der Pampa stecken bleibt, die Aussicht ist immer noch phänomenal, kommt unter den Fahrgästen Nervosität auf.
Ich kriege einen Anruf vom Zugpersonal: "Wir haben eine Panne, wir wissen nicht wie lange es dauern wird."
Dann ist es mit der Ruhe vorbei. Dann bin ich von null auf hundert in einer Millisekunde!
Wenn Ihr Glück habt, kann unser technisch versiertes Personal den Zug vor Ort wieder in Gang setzen. Dann geht es relativ rasch weiter und Ihr verpasst höchstens einen Anschlusszug.
Wenn jedoch der Schaden nicht behoben werden kann, werde ich Busse organisieren um Euch beim Zug abzuholen. Da werden dann wohl mehrere Anschlusszüge abgefahren sein und das Nachtessen kann kalt werden.
Nebst den Bussen biete ich noch den technischen Dienst auf, damit der Zug möglichst schnell von der Strecke geholt werden kann. Denn von der anderen Seite will ja dieses Gleis auch wieder befahren werden können und der nachfolgende Zug erscheint schon auf dem Radar.
Hektik pur! Bei mir. Erstaunlich gelassen nehmt Ihr das im Zug hin. Nur ein paar wenige rasten aus, welche jedoch von Mitreisenden, also von Euch, wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt werden.
Erst ein solcher Zwischenfall macht den Ausflug unvergesslich. Schönes Wetter, pünktliche Abfahrt, rechtzeitige Ankunft, ist doch langweilig.
Also meine Lieben, wenn Ihr mal wieder eine Reise in einem der Panoramazüge unternehmen solltet, denkt daran, das Abenteuer beginnt bei einer Störung!
© Roland Fuhrer, Saanenstrasse 10, CH-3770 Zweisimmen (roland(at)resterland.ch)